DER DIGITALE WANDEL IM STAHLBAU
SOTTAS | 01.09.2022

«Selbst die skeptischsten unserer Mitarbeitenden möchten nicht mehr zurück», sagen Laure Sottas Solenghi, Mitglied der Geschäftsleitung, und Florian Pittet, Connect Manager bei Sottas SA.

Was haben der Hauptsitz von Scott Sports, die Nespresso-Fabrik in Romont und das Rolex Learning Center der EPFL gemeinsam? Alle drei sind in Gebäuden untergebracht, deren Tragwerk oder Fassadenelemente von Sottas SA gefertigt wurden. Das Familienunternehmen verfügt nicht nur über 40 Jahre Erfahrung im Metallbau, sondern auch über die Fähigkeit, sich an die rasanten Entwicklungen und Veränderungen in der Baubranche anzupassen. Sottas hat anspruchsvolle und einzigartige Bauprojekte realisiert und dabei ständig innovative Neuerungen eingeführt. Heute gehört das Unternehmen zu den wichtigsten Akteuren auf dem Schweizer Markt und ist daran, seine Präsenz in Europa auszubauen.

Bau- und Fassadenelemente werden immer grösser und komplexer, bei Sottas werden sie nach wie vor mit einem hohen Mass an handwerklichem Können hergestellt. Jedes Gebäude ist einzigartig, das gilt auch für seine einzelnen Komponenten. Wie Laure Sottas Solenghi, Mitglied der Geschäftsleitung, und Florian Pittet, Connect Manager, erklären, ist Sottas zwar noch weit von der Fliessbandarbeit entfernt, jedoch bereits voll im digitalen Zeitalter angekommen.

Was bringt die Digitalisierung Ihrem Unternehmen?

Laure Sottas Solenghi (LSS): Bei der Planung von Stahlkonstruktionen setzen unsere Ingenieure und Bauzeichner bereits seit rund zwanzig Jahren auf 3D. Früher haben sie sämtliche Masse und Dimensionen auf 2D-Pläne übertragen, diese anschliessend ausgedruckt und an ihre Kollegen in der Werkstatt weitergeleitet. Heute gibt es keine Pläne auf Papier mehr. Wenn das Team in der Werkstatt mit der Montage des Elements beginnt, werden die 3D-Modelle direkt auf dem Computer oder Tablet angezeigt. Theodoliten (Winkelmessinstrumente) der neuesten Generation können sogar 3D-Modelle importieren, was die Messungen und Kontrollen ebenfalls einfacher gestaltet.

Worin besteht der Vorteil, abgesehen davon, dass Sie Papier sparen?

Florian Pittet (FP): Wenn ein Monteur früher bemerkte, dass ein Mass fehlte, rief er einen Techniker, der in die Werkstatt ging, das Problem besprach, im Büro das Teil neu zeichnete, den Plan neu druckte und ihn dem Monteur übergab. Das war mühsam und zeitraubend. Heute geht der Monteur einfach hin und holt sich, was er braucht, um die Arbeit zu beenden. Auf diese Weise fühlt er sich stärker eingebunden und autonomer.

LSS: Dank den Computern in den Werkstätten können wir den Fortschritt der Arbeiten und Projekte direkt mitverfolgen. Früher füllte jeder ein Aufgabenblatt aus. Ein Techniker sammelte sie und stellte sie zusammen, um einen Überblick über die Projekte zu erhalten. Heute hat jedes Teammitglied Zugang zu einer Tabelle, die in Echtzeit ausgefüllt wird.

Spielt die Vollautomatisierung in Ihren Werkstätten eine wichtige Rolle?

FP: Wir sind nicht in der Massenproduktion tätig. Die meisten unserer Projekte sind einzigartig. Der Einsatz von Robotern ermöglicht es uns, die Fertigungsabläufe zu optimieren und die Arbeit unseres Teams zu vereinfachen. Für unseren Bereich ist die Kobotik interessant, weil die Roboter den Menschen nicht ersetzen, sondern begleiten. Die Roboter tragen zum Beispiel Lasten oder führen hochpräzise Arbeiten aus. In diesem Bereich haben wir noch Verbesserungspotenzial.

Im Zuge der Digitalisierung werden auch riesige Datenmengen produziert. Wie verwerten Sie diese?

FP: Viele unserer Maschinen liefern uns in der Tat Daten über die Dauer der Arbeitsgänge, die Anzahl der produzierten Teile, das verwendete Material, die Produktivität usw. Wir haben diese Daten lange nicht genutzt. Heute sammeln und analysieren wir sie. Auf diese Weise können wir feststellen, ob die Maschinen auch wirklich an unsere Bedürfnisse angepasst sind. Wenn wir in neue Maschinen investieren müssen, können wir uns bei unserer Wahl auf konkrete Fakten stützen.

Wie sieht es mit Ihren Produkten aus? Sind diese ebenfalls vernetzt?

LSS: Wir bieten tatsächlich intelligente Fassaden an, die mit Sensoren ausgestattet sind. Bestimmte Arten von Gläsern sind in der Lage, sich in Abhängigkeit der Daten zu verdunkeln. So kann auch die Wartung effizienter gestaltet werden und kommt nur im Bedarfsfall zum Zug.

War es einfach, diese neuen Arbeitsmethoden in Ihrem Unternehmen einzuführen?

LSS: Auch wenn Sottas schon immer sehr innovativ war, hat sich das Unternehmen seinen traditionellen und handwerklichen Charakter bewahrt. Das gilt auch für seine Mitarbeitenden. Es war also Überzeugungsarbeit nötig. Wir haben den Wandel nicht aufgezwungen, sondern erst Versuche mit alten, gebrauchten Computern durchgeführt. Nach sechs Monaten haben wir die Lösung validiert, die gut funktionierte und weitere Arbeitsplätze aufgerüstet. Innerhalb eines Jahres haben wir beispielsweise die gesamte Stahlbauwerkstatt computerisiert. Selbst die skeptischsten unserer Mitarbeitenden möchten nicht mehr zurück.

Die Digitalisierung der Unternehmen ist ein zentrales Thema für die Wirtschaft. Ein von der Handels- und Industriekammer des Kantons Freiburg (HIKF) initiiertes kollaboratives Projekt brachte lokale Akteure zusammen, darunter Sottas SA und die Hochschule für Technik und Architektur Freiburg. Anhand ihrer Reflexionen und Ideen wurde ein Übergangsplan für Unternehmen erstellt. Interessierte Unternehmen durchlaufen ein Konnektivitäts-Audit, erhalten Unterstützung in der Übergangsphase und können den Lehrgang „Digital Manager 4.1“ absolvieren.

Das von der HIKF angebotene Programm dauert sechzehn Monate. Ein Grossteil der Schulung ist auf die Technologie ausgerichtet, mehrere Module befassen sich jedoch mit Lean Management und Green Management. «Auch wenn sich nicht alle behandelten Themen direkt auf unser Unternehmen übertragen liessen, hat uns diese Schulung die Augen im Hinblick auf das Potenzial der Industrie 4.0 geöffnet», sagt Florian Pittet.

Einige Gebäude, bei denen Sottas SA das Stahlgerüst oder die Hightech-Fassadenelemente gefertigt hat.