«DEN TECHNOLOGIETRANSFER MIT DEN BRANCHENRIESEN FÖRDERN»
06.09.2023

Karen Scrivener, Leiterin des Labors für Baumaterialien der EPFL

Ist der schlechte Ruf von Beton in Bezug auf die Umwelt gerechtfertigt?

Beton, dessen Herstellung für 7 bis 8 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, hat tatsächlich ein Imageproblem. Zahlreiche neuere Studien bestätigen jedoch, dass seine Ökobilanz – pro Kilogramm oder pro Quadratmeter bebaute Fläche – eher gut ist. Das Problem sind also nicht die Eigenschaften des Betons, sondern die enormen Mengen, die verbaut werden. Nichtsdestotrotz ist das Verbesserungspotenzial gross und unsere Forschungsarbeiten konzentrieren sich darauf, Beton und insbesondere sein Hauptbestandteil Zement zu verbessern.

Sie haben insbesondere einen Zement mit einem niedrigen Kohlenstoffgehalt entwickelt, der aufgrund seiner besonderen Zusammensetzung bis zu 40 % weniger Kohlendioxid erzeugt. Wie reagiert die Industrie auf diese Innovation?

Die äusserst konservative Branche hat sich lange gegen den Wandel gewehrt, aber die aktuellen ökologischen Verhältnisse und der Druck, der auf die Industrie ausgeübt wird, zwingt sie dazu, Verantwortung zu übernehmen. Unser kohlenstoffarmer Zement wird bereits auf mehreren Kontinenten hergestellt und fast jede Woche treten Produzenten mit Anfragen an uns heran.

Die Gründung eines Center for Worldwide Sustainable Construction (CWSC) in Freiburg könnte diese Entwicklung weiter beschleunigen…

Mit diesem Projekt könnten verschieden Ziele verfolgt werden: Die verschiedenen Akteure im Bausektor könnten sich aufeinander abstimmen, der Technologietransfer mit den Branchenriesen würde gefördert und weltweit könnten nachhaltigere Lösungen im Bereich der Baumaterialien und des Gebäudemanagements entwickelt werden.